Erkranken Bewohner von Pflegeheimen akut, müssen sie oft zur Behandlung in ein Spital. Geht es ihnen besser, kehren sie zurück in ihr Apartment. Ein großer Träger in Wien kann dies nicht gewährleisten.
Der Fall. Frau W. übersiedelte mit 93 Jahren von zu Hause in ein Apartment eines Pensionisten-Wohnhauses. Auf der Website des Heimträgers wird „betreutes Wohnen“ bis Pflegestufe 7 versprochen: „Für SeniorInnen mit Pflegegeldstufe, die die Hürden des täglichen Lebens nicht mehr allein meistern können. Sie wohnen in Ihrer eigenen Wohnung im Pensionisten-Wohnhaus und erhalten individuell abgestimmte Betreuung und Pflege.“ Bereits wenige Monate nach dem Einzug verschlechterte sich der gesundheitliche Zustand von Frau W. deutlich. Sie wurde zunehmend harn- und stuhlinkontinent, desorientiert und körperlich instabiler. Der Heimträger teilte ihr mit, dass die notwendige Pflege im eigenen Apartment nicht mehr möglich sei und sie daher in den stationären Pflegebereich („Bettenstation“) umziehen müsse. Da jedoch in ihrem Pflegewohnhaus kein Platz frei war, wurde die hochbetagte Dame in einem anderen Haus des gleichen Trägers untergerbacht. Der Gesundheitszustand von Frau W. verschlechterte sich weiter und sie wurde immer wieder mit akuten Erkrankungen ins Spital eingeliefert. Da nach der Entlassung oft kein Bett in ihrem Pflegeheim frei war, war die alte Dame insgesamt vier Mal gezwungen, in andere Häuser zu übersiedeln. Nach einem Jahr verstarb Frau W.
Ergebnis. Der Fall wurde von den Angehörigen an die Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft (WPPA) herangetragen. Diese stellt fest, dass andere Heimträger in Wien, die pflegebedürftige Personen bis zur Pflegestufe 7 aufnehmen, für gewöhnlich personell und strukturell so ausgestattet sind, dass sie auch einen erhöhten Pflegebedarf im Apartment decken können. Die Frage einer Übersiedlung auf die Bettenstation oder in ein anderes Haus stellt sich für diese Bewohner nicht.
Fazit. Die WPPA hat die Vertreter des betroffenen Heimträgers mehrfach darauf hingewiesen, dass Personalmangel, Organisationsdefizite und unzeitgemäße Strukturen nicht auf dem Rücken der Bewohner und ihrer Angehörigen ausgetragen werden dürfenDie WPPA hat den Träger ausdrücklich aufgefordert, alle notwendigen Schritte zu setzen, damit aus dem Spital zurückkehrende Bewohner im jeweiligen Stammhaus pflegerisch weiter versorgt werden können. Sollte die Bettenstation vollständig belegt sein, muss die notwendige Pflege im Apartment sichergestellt werden.
Beitrag der Wiener Patienten- und Pflegeanwaltschaft, erschienen im Konsument 8/2018.